Die Diskussion des technologischen Fortschritts im Bereich der Gentechnologie ist eine große Herausforderung für Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Unerlässlich für diese Debatte ist eine gut informierte und kritische Öffentlichkeit. Doch wie können auch junge Menschen qualifiziert an dieser Debatte teilhaben? Das IZT entwickelte gemeinsam mit Forschungs- und Praxispartnern ein Diskursforum für Jugendliche im Internet: „Genforschung interaktiv“. Gemeinsam wurde eine innovative Plattform im Internet aufgebaut, erprobt und bewertet. Sie sprach die Teilnehmenden durch Themen, Gestaltung und Interaktivität an und ermunterte sie zum argumentationsgeleiteten Dialog.

Um die Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern weiter zu stärken, förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung Diskursprojekte zu ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen in den modernen Lebenswissenschaften. Darunter fiel auch der Themenbereich der Genforschung. Dieser stellte aufgrund seiner Fortschritte eine große Herausforderung für Politik, Wissenschaft und Gesellschaft dar. Die Herausforderungen gingen dabei deutlich über medizinische und technologische Fragestellungen hinaus.
Die Heranführung von jungen Menschen an gesellschaftliche Dialogprozesse am Beispiel der Gentechnik stand im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens „Diskursforum für Jugendliche im Internet: Genforschung interaktiv [Genitiv]“. Dazu wurde eine Plattform im Internet mit der URL www.wie-weit-wollen-wir-gen.de konzipiert.

Das Diskussionsangebot für Jugendliche auf der Plattform wurde nach dem  Modell des Weblogs gestaltet. Dabei wurde eine „offene“ Variante gewählt; das bedeutet, dass – im Gegensatz zu üblichen Weblogs –  nicht nur die Betreiber der Seite, sondern alle Nutzerinnen und Nutzer Beiträge veröffentlichen konnten. Jugendliche und junge Erwachsene wurden auf der Plattform nach ihrer Stellungnahme zu verschiedenen Aspekten der humanen Gentechnik befragt. Den Nutzerinnen und Nutzer stand es frei, eigene Stellungnahmen abzugeben oder die der anderen Teilnehmenden zu kommentieren. Zusätzlich konnte jeder Beitrag und jeder Kommentar bewertet werden. Konsens- und Dissenslinien wurden durch eine Pro- und Contra-Wertung („stimme diesem Beitrag zu“ – „stimme nicht zu“) erfragt. Die Debatte wurde von erfahrenen Moderatorinnen und Moderatoren begleitet. Die Heranführung an das Thema „humane Gentechnik“ erfolgte durch auf der Webseite veröffentlichte, zielgruppengerecht aufgearbeitete Hintergrundinformationen. Inhaltliche Schwerpunkte bildeten die Themen „genetisches Screening“, „DNA-Banken“ sowie „Gefahr der Genetischen Diskriminierung“. Der Diskussionsprozess wurde moderiert um den ordnungsgemäßen Ablauf zu gewährleisten. Die Moderatoren griffen zu keinem Zeitpunkt in die Diskussion ein und mussten nur selten Textpassagen löschen, die gegen die Regeln verstießen.

Eine Registrierung war nicht erforderlich, um die Hürden für die Teilnahme gering zu halten. Nutzer mussten allerdings Ihre Nachrichten „freischalten“, also durch die Angabe Ihrer E-Mail-Adresse und mit einer Bestätigungsmail verifizieren. So wurde gewährleistet, dass das System nicht zum Versenden von E-Mail-Spam missbraucht wurde. Der Schutz der Privatsphäre war ein weiteres Leitprinzip beim Aufbau des Diskursangebotes. Beispielsweise wurden E-Mail-Adressen nicht im Frontend angezeigt.

Das Forschungsvorhaben wurde umfassend evaluiert. Als Methoden wurden Inhaltsanalysen, Experteninterviews und Fokusgruppen eingesetzt. Die Ergebnisse der Evaluation belegten: Online-Plattformen sind ein Instrument, um die Positionen junger Menschen zu ethischen und politischen Fragestellungen – hier aus dem Bereich der humanen Genforschung – zu erfragen und zu erheben. Um eine Online-Diskussion zu fördern, sollten Themen gewählt werden, die innerhalb der Gesellschaft und vor allem innerhalb der Zielgruppe kontrovers diskutiert werden. Bei der Gestaltung der Dialoginstrumente, bei der Themenauswahl und der Sprachwelt sollten die Belange und Interessen junger Menschen gezielt berücksichtigt werden.

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zeigten, dass Plattformen im Internet grundsätzlich einen Beitrag leisten können, um junge Menschen an gesellschaftlichen Debatten und Dialogen zu beteiligen.

Das Forschungsvorhaben wurde gemeinsam vom IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, pol-di.net e.V. / politik-digital.de, VDW – Vereinigung Deutscher Wissenschaftler und Dialogik durchgeführt.

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