Heute sind es fast nur hochwertige Rasierklingen und teure Parfums, bei denen Funkchips den Strichcode im Einzelhandel ergänzen. In Zukunft sind die Funkchips („RFID-Tags“) möglicherweise auf jeder Verpackung im Einzelhandel zu finden und können den Barcode völlig ersetzen. Doch was passiert, wenn die Chips mit Metallantenne zu Hause bei der Kundschaft im Mülleimer landen?

Im Mittelpunkt eines neuen IZT-Forschungsvorhabens standen daher die Auswirkungen eines massenhaften Einsatzes von RFID-Tags im Konsumgüterbereich auf die Umwelt und die Abfallentsorgung. Das IZT erstellte Zukunftsszenarien über die zu erwartenden Stoffströme und beantwortete die Fragen nach alternativen Lösungsmöglichkeiten, z.B.: Wie können RFID-Tags so gestaltet und auf die Produkte aufgebracht werden, dass sie entweder massenstromtauglich sind oder leicht aus den Wertstoffkreisläufen ausgeschleust werden können?

RFID bezeichnet Verfahren zur automatischen Identifikation von Objekten über Funk. Hierfür wird ein Datenträger – ein sogenannter Tag – mit einer eindeutigen Identifikationsnummer auf der Verpackung oder der Ware angebracht.

Der heutige Einsatz von RFID-Tags bei Gütern für den privaten Ge- und Verbrauch stellte die damaligen Entsorgungssysteme vor keine nennenswerten Herausforderungen. Die dynamische Entwicklung der RFID-Systeme und zunehmende Verwendung beispielsweise im Handel kann aber die Entsorgungssysteme in Zukunft vor Probleme stellen, wenn nicht vorsorgend gehandelt wird.

Neben der Ermittlung der aktuellen und zukünftig zu erwartenden Mengen eingesetzter RIFD-Tags zur Kennzeichnung von Konsumgütern, der Beschreibung derzeitiger Entsorgungswege dieser RFID-Tags sowie der Erstellung und Quantifizierung von Zukunftsszenarien zielte das Projekt darauf, Handlungsempfehlungen für einen umweltverträglich optimierten Einsatz von RFID-Tags in Deutschland abzuleiten.

Zunächst wurde eine Referenzprognose 2020+ erstellt, die bestehende Entwicklungslinien von RFID-Tags und gängige Marktprognosen mit dem aufgrund der eingeschlagenen abfallpolitischen Weichenstellungen plausibelsten Szenario für die Entsorgungswirtschaft in Deutschland vereint. Darüber hinaus wurden alternative, explorative Szenarien für diese Parameter erarbeitet und bewertet (forecasting). In einem weiteren Schritt wurden Bedingungen ermittelt, unter denen eine Gefährdung der Entsorgungssysteme durch RFID-Tags ausgeschlossen werden konnte (backcasting). Die Spreizung der einzelnen Szenarien und ihre Interpretation gemeinsam mit Stakeholdern sollten es erlauben, systematisch und belastbar den Gestaltungsspielraum für eine Optimierung des Gesamtsystems auszuloten.

Zu den untersuchten Wirkungsdimensionen gehörten der Eintrag von Problemstoffen in Recyclingverfahren und -produkte, der Wertstoffverlust mit Blick auf die Dissipation seltener Metalle (z.B. Silber) bzw. anderer Metalle mit einem großen ökologischen Rucksack (z.B. Kupfer) sowie die Toxizität der Tag-Bestandteile (Nickel, Blei, Kobalt, etc.).

Folgende Handlungsoptionen standen im Zentrum des Interesses:

Welche alternativen Lösungen für das Produktdesign von RFID-Tags befinden sich in der Entwicklung bzw. welche Anforderungen müssen zukunftsfähige Lösungen erfüllen?

  • Wie können RFID-Tags so gestaltet und auf die Produkte aufgebracht werden, dass sie entweder massenstromtauglich sind oder leicht ausgeschleust werden können?
  • Welche verfahrenstechnischen Modifikationen sind ggf. in den Aufbereitungs- und Verwertungsprozessen erforderlich, um den RFID-Tag-Eintrag unschädlich zu machen?
  • Müssen die Annahmekriterien für Sekundärrohstoffe modifiziert werden?

Das Projekt integrierte zur Beantwortung dieser Fragen Methoden der Dokumentenanalyse, Experteninterviews, Szenariotechnik und Stoffstrommodellierung. Die wesentlichen Stakeholder aus Politik, Forschung, Verbänden und Sekundärrohstoffwirtschaft wurden in den Forschungsprozess eingebunden, um die Befunde zu bewerten und – sofern erforderlich – geeignete Maßnahmen vor allem gemäß dem Vorsorgeprinzip vorzuschlagen.