Effizienz, Konsistenz, Suffizienz
Abstract
In der Debatte über nachhaltiges Wirtschaften werden drei mögliche Leitstrategien diskutiert: Effizienz, Konsistenz und Suffizienz. Kurzgefasst stehen Effizienz für weniger Ressourceneinheit pro Serviceeinheit, Konsistenz für naturverträgliche Technologien und Strukturen und Suffizienz für die Reduktion des belastenden Konsums. Über die Definitionen und Abgrenzungen sowie den Stellenwert dieser Strategien für die Transformation anzustrebenden Green Economy stritten 1von Wirtschaft und Gesellschaft und ihr Verhältnis zu einer 2existieren unterschiedliche Ansichten und wird teilweise heftig ge3 . Die Effizienzstrategie gilt dabei in der Wirtschaft als besonders anschlussfähig und wird in zahlreichen Formen praktiziert. Eine Steigerung der Ressourcenproduktivität, der Rohstoff- und Energieeffizienz ist in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht vorteilhaft, sprich, wirtschaftlich kosteneinsparend und ökologisch belastungsminimierend. Inzwischen spiegelt sich dieser Zusammenhang in einer dynamischen Entwicklung der globalen GreenTech-Märkte wider, deren „Volumen eine völlig neue Dimension“ erreicht (BMUB 2014). Der Effizienzstrategie wird sogar eine „Effizienzrevolution“ zugetraut. Andere Akteure sind hingegen deutlich weniger euphorisch, ja skeptisch und messen der Effizienzstrategie einen nachrangigen Stellenwert bei. Sie verweisen dabei auf Rebound-Effekte, die Effizienzgewinne geringer ausfallen lassen, sogar überkompensieren (Santarius 2012, Paech 2012). Konsistenz wird deshalb als grundlegenderer, systemischer Ansatz diskutiert. Ihm wird eine größere Reichweite und größerer Impact zugetraut. Während die Effizienzstrategie mengenorientiert ist – weniger Ressourcenverbrauch bei mehr Ertrag – zielt die Konsistenzstrategie auf die Veränderung der Qualität der Stoff- und Energieströme ab. Gemeint sind dabei Stoffe, Produkte und Technologien, die verträglich, eben konsistent, mit natürlichen Stoffkreisläufen sind (Schmidt 2008). Im Kern geht es um die „Schaffung einer metabolisch naturintegrierten Industriellen Ökologie durch basisinnovative Konzeption und Konstitution von technischen ‚Systemwechseln‘, also dem Set-Up und späteren Take-Off“ neuer Technologien auf neuen Pfaden“ (Huber 1999, 13). Fücks plädiert in seinem Buch „Intelligent wachsen“ (2013) für „eine fundamentale Veränderung der herrschenden Produktionsweise“, also für eine „grüne industrielle Revolution“, die neben Effizienz vor allem auf Konsistenz setzt. Von solchen Prozessen wird ein großes Problemlösungspotenzial erwartet. Einige Autoren gehen davon aus, dass er „mit großem Abstand das höchste Maß an nachhaltiger Problemlösung bringen kann“ (Huber 1999). Besonders leidenschaftlich debattiert wird über den Stellenwert von Suffizienz. Während eine Fraktion behauptet, dass Suffizienz „nicht nur ein relativ geringes Einsparpotenzial“ besitzt, sondern „auch ein viel zu geringes sozio-kulturelles Anschluss- und Resonanzpotenzial“ (Huber 1999; siehe auch Fücks 2013), kommt die andere Fraktion zu der Einschätzung: „Suffizienz ist ein notwendiger Baustein in einem ebenso notwendigen Ensemble unterschiedlicher Nachhaltigkeitsstrategien“ (Fischer et al. 2013). Suffizienz gilt sogar dort als „elegante Lösung“, wo Effizienz und Konsistenz an Grenzen stoßen. Auf Gesellschaftsebene wird in dieser Sicht eine „konsequente sozial-ökologische Transformation der Produktions- und Lebensweise und eine demokratisch organisierte Reduktion von Produktion und Kon-––– 1Siehe Projekt-Definitionspapier, außerdem insbesondere WBGU 2011, Grießhammer/Brohmann 2015 2Siehe Projekt-Definitionspapier 3Siehe hierzu beispielsweise Huber 2014, Linz 2014 und Spangenberg 2013 6 1 EINFÜHRUNG sum“ (Schmelzer/Passadakis 2011) als notwendig angesehen. Das Konzept „der Postwachstumsökonomie orientiert sich an einer Suffizienzstrategie und dem partiellen Rückbau industrieller, insbesondere global arbeitsteiliger Wertschöpfungsprozesse zugunsten einer Stärkung lokaler und regionaler Selbstversorgungsmuster“ (Paech 2012). Gefordert wird ein “Transformationsdesign“, was auf ein „komplett anderes Leben“ abzielt. „Wiederverwenden, umnutzen, mitnutzen“ ist das Credo einer neuen, „reduktiven Moderne“, die mithin explizit kulturelle Veränderungen erfordert und mit sich bringt (Welzer 2014). Einen aktuellen Schub erhält die Diskussion über die drei Basisstrategien der Nachhaltigkeit durch den Diskurs über „Postwachstum“, da in diesem Kontext über Bereiche von künftigem Wachstum und dessen Art und Qualität sowie die erforderlichen Konzepte und Vorgehensweisen diskutiert wird (z.B. Adler 2014, Hunecke 2013, Paech 2012, Welzer 2011). Darüber hinaus erhält die Thematik Nachhaltigkeit und Pfadwechsel in internationaler Perspektive eine besonders große Bedeutung, da eine Verallgemeinerung des westlichen Produktions- und Lebensstils nicht möglich ist und die kürzlich definierten Nachhaltigkeitsziele (SDG) auch für die EU-Staaten eine große Herausforderung darstellen und deren Erreichung ermöglicht werden muss (Messner 2015, Altvater 2015, Wuppertal Institut 2005 sowie Steffen et al. 2015). Während die bisherige wissenschaftliche, gesellschaftliche und politische Debatte im Wesentlichen die Vorzüge und Nachteile der jeweiligen Strategien hervorgehoben hat, und dabei Positionen und Scheidelinien (z. B. Effizienz und Konsistenz versus Suffizienz oder umgekehrt) markiert, fehlt es an einer vergleichenden Analyse und Einordnung der Transformationspotenziale für eine Green Economy, die auch deren Wechselwirkungen beachtet und konzeptionell miteinander verknüpft, also die komplementären Funktionen und Potenziale herausarbeitet. Mit Blick darauf soll das vorliegende Papier einen heuristischen Rahmen aufspannen.