Abstract

Das vorliegende Gutachten bietet eine einführende Darstellung in das Konzept der personalfreien Öffnungszeiten bei öffentlichen Bibliotheken und gibt anhand eigener Erhebungen und der wissenschaftlichen Studienlage eine Einschätzung zu den sozio-technischen Folgen. Darauf aufbauend werden Handreichungen und Empfehlungen für eine Implementierung in Berlin-Spandau formuliert. Mittels personalfreier Öffnungszeiten (synonym findet auch der Begriff Open Library Anwendung) wird Besucher:innen die Nutzung der Bibliotheksangebote zu bestimmten Zeiten in Abwesenheit der Beschäftigten ermöglicht. Das in technischer Hinsicht auf elektronische Zugangssysteme in Verbindung mit Selbstverbuchungsautomaten und Videokameras aufbauende Konzept schafft die Voraussetzungen für eine deutliche Ausweitung der Öffnungszeiten, ohne dabei auf zusätzliche Personalressourcen zurückzugreifen. In einer wachsenden Zahl von Bibliotheken im In- und Ausland sind personalfreie Öffnungszeiten bereits fest in das Dienstleistungsangebot integriert, insbesondere in Stadtrandlagen und in ländlichen Gebieten wird in ihnen eine Chance gesehen, die Angebotsattraktivität zu erhöhen. Die Erwartungen an das Konzept sind jedoch durch Kontroversen geprägt. Vor allem stehen Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten sowie die Themen Datenschutz, Sicherheit und die soziale Zugänglichkeit im Mittelpunkt der Diskussionen. Unter Einbeziehung wissenschaftlicher Studienergebnisse kann in Bezug auf die sozio-technischen Folgen ein überwiegend einheitliches Bild gezeichnet werden: personalfreie Öffnungszeiten werden primär genutzt, um über die bisherigen Öffnungszeiten hinaus ein Zusatzangebot zu schaffen und werden durch die Nutzer:innen in der Regel wohlwollend angenommen. In der Gruppe der Mitarbeiterschaft ist vielerorts eine Skepsis vorherrschend, die schwerpunktmäßig allerdings jeweils vor der Implementierung der Dienstleistungserweiterung festzustellen ist und im Nachgang abnimmt. Anstiege in der Zahl der Sachbeschädigungen, Diebstählen oder ähnlichen Vorfällen sind in der Regel nicht zu verzeichnen. Ebenso stehen prinzipiell technische und organisatorische Möglichkeiten zur Verfügung, um geltende datenschutzrechtliche Bestimmungen einzuhalten. Grundsätzlich sind die sozio-technischen Auswirkungen aber von der konkreten Art und Weise der Umsetzung abhängig, die neben dem Bereich der technischen Maßnahmen insbesondere auch baulich-architektonische und organisatorische Aspekte umfasst.

Autor*innen
Kluge, Jakob; Zwiers, Jakob