Abstract

Trends und Entwicklungen in Technologien, Anwendungen und Sicherheit Geleitwort Mit dem Begriff “Revolution“ sollte man vorsichtig und sparsam umgehen. Bei der Entwicklung des Technik-Zukunftsbildes „Pervasive Computing“ bzw. „Ubiquitous Computing“ halten wir es allerdings für angebracht, von einer revolutionären Technik-Perspektive zu sprechen. Diese Annahme bezieht sich vor allem auf zwei Gründe: Die Technik-Entfaltung des Pervasive Computing (alles durchdringendes Computing) oder Ubiquitous Computing (allgegenwärtiges Computing) vereinigt ganz grundlegende Techniken wie den Einsatz von Mikroprozessoren, drahtlose Funktechniken und die Datenübertragung durch universale Netze wie das Internet. Schon heute zeichnen sich solche Entwicklungen vor allem in den Bereichen „Produktion und Warendistribution“, „Produktauthentifizierung“ und „Tieridentifikation“ ab. Aber auch in den Bereichen „Echtheitsprüfung von Dokumenten“, „Instandhaltung und Reparatur“, „Zutritts- und Routenkontrolle“, „Diebstahlsicherung“ sowie „Umweltmonitoring“ sind neue Einsatzpotenziale deutlich erkennbar. Die Plausibilität des Eindringens in alle Lebensbereiche ergibt sich vor allem aus der wichtigsten Eigenschaft der zugrunde liegenden Technologien, einer Steigerung der Effizienz hinsichtlich Arbeitseinsatz, Zeit und Raum sowie einer schnelleren Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen von Objektparametern. Die damit verbundenen Innovations- und Automatisierungspotenziale sind in in einer zunehmend internationalisierten Wettbewerbswirtschaft starke Anreize für eine zügige Umsetzung. Vor diesem Hintergrund kann es kaum einen Zweifel geben, dass insbesondere die heute schon fortgeschrittenen automatischen Identifikationssysteme (Auto-ID-Systeme) vor allem in denjenigen Branchen verstärkt eingesetzt werden, in denen Produktivitätsfortschritte durch eine verstärkte Automatisierung erzielt werden können. Dies gilt in besonderem Maße für RFID-Systeme (Radio-Frequency-Identification), die die Funktionen und Einsatzmöglichkeiten von bisherigen Lösungen zur Autoidentifikation wie Barcode oder Optical Character Recognition (OCR) erweitern und als zentraler Schritt zur weiteren integrierenden Technikentwicklung in Richtung „Pervasive Computing“ bzw. „Ubiquitous Computing“ verstanden werden können. Wie immer bei revolutionären Technikschüben liegen die Chancen und Risiken eng beieinander. In sozialer Hinsicht zählen zu den Risiken vor allem die Folgen der zu erwartenden Rationalisierungseffekte und neuer Modelle der Arbeitsorganisation bei ohnehin bereits hochmobilen und flüchtigen Lebens- und Arbeitswelten. In ökologischer Hinsicht ist es die allgegenwärtige Nutzung technischer Mikrosysteme, die enorme Reboundeffekte und eine zunehmende Feinverteilung wertvoller Materialien und ökologisch bedenklicher Inhaltsstoffe von Elektronikprodukten erwarten lässt. Vor diesem Hintergrund ist es somit eine der wichtigsten Aufgaben von Wissenschaft, die Chancen, aber eben auch die Probleme und Risiken frühzeitig und möglichst umfassend aufzuzeigen. Die sozialverträgliche Gestaltung von Technik beinhaltet den Ausgleich und zuvor die Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessensgruppen sowie wirtschaftlichen und politischen Akteuren. Wenn die Bewegung und Benutzung von Alltagsgegenständen Datenspuren hinterlässt, die sich zunehmend der Kontrolle des Benutzers entziehen, so kann dies tiefgreifende Auswirkungen für unser Verständnis von Sicherheit und Privatsphäre haben. Aufbauend auf einer Abschätzung der Technikfolgen und in permanenter Rückkopplung von Wissenschaft und Gesellschaft muss ein öffentlicher Dialog mit der Politik, der Wirtschaft, den zivilgesellschaftlichen Gruppen und Organisationen sowie den Bürgern über diese Probleme geführt werden. Nur in einem solchen fachlich-wissenschaftlich gestützten öffentlichen Diskussionsprozess lässt sich herausfinden, welche wünschbaren Ziele angesteuert werden sollten und welche Technikentwicklungen dafür geeignet sind, um die Chancen zu maximieren und die Risiken zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. In diesem Sinne bietet die vorliegende Studie einen Überblick über die zentralen technologischen Entwicklungen und ökonomischen Anwendungsgebiete von RFID-Systemen. Zudem werden die grundsätzlich möglichen Bedrohungslagen analysiert sowie gängige Sicherheitsmaßnahmen aufgezeigt. Berlin und St. Gallen, im Oktober 2004 Prof. Dr. Rolf Kreibich Dr. Xaver Edelmann

Autor*innen
Oertel, Britta; Wölk, Michaela; Hilty, Lorenz M.; Köhler, Andreas; Kelter, Harald; Ullmann, Markus; Wittmann, Stefan